Informationen und Interview über Hammond Orgeln

Hammond Ogeln sind aus der Rockmusik kaum wegzudenken. Auch, wenn man sie nicht sofort bewusst wahrnimmt, hört man doch, wenn sie fehlt. Ebenso faszinierend wie der Sound ist auch die Apparatur. Hier kann man sich leicht in Technikdetails verlieren. Thomas Noack, jahrzehntelanger Hammond-Spieler, erklärt uns, was es mit dem Kultinstrument auf sich hat.

Exklusive Informationen von den erfahrenen Hammond Spielern Thomas Noack und Helmut Spick

Allgemeine Informationen über die Hammond Orgel

Die Hammond Orgel wurde nach ihrem Erfinder Laurens Hammond benannt und ist eine elektromechanische Orgel, die ursprünglich als Ersatz für die Pfeifenorgel gebaut wurde, weil sie preisgünstiger war. Als Ersatz konnte sie sich jedoch nicht etablieren. Vielmehr wurde sie zu einem populären Instrument, das ab den 1960er Jahren aus der damaligen populären Musik nicht wegzudenken war. Ihr Werdegang begann in der Gospel-Musik und schritt durch Genres wie Rock, R'n'B, Soul, Funk, Ska, Reggae und Fusion.

Der Aufbau und die Tonerzeugung

Es gibt zwei Modelltypen: Das Konsolenmodell und das Spinettmodell, die sich in ihrer Bauart unterscheiden und dadurch unterschiedliche Klänge erzeugen. Der Aufbau mit zwei Manualen und Pedal war gängig, der Tonumfang jedoch unterschiedlich. Das Hauptwerk (Great) und das Schwellwerk (Swell) sind der Pfeifenorgel entnommen, ebenso wie der generelle Aufbau mit zwei Manualen und Pedal. Der Tonumfang unterscheidet sich.

Im Jahr 1920 baute Laurens Hammond einen Wechselstrom-Synchronmotor und suchte nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten, sodass er nach einigen Experimenten im Jahr 1934 ein Patent beantragte. In den 1960er und 1970er Jahren wurde das Modell B3 in Kombination mit einem externen Leslie-Lautsprechersystem gebaut.

Der Ton entsteht im Generator – angetrieben durch einen Synchronmotor – in dem Tonräder mit einem gewellten Rand vor elektromagnetischen Tonabnehmern rotieren. Es entsteht eine Wechselspannung in Form einer sinusähnlichen Schwingung, die durch einen Verstärker den Ton erklingen lässt. Sinusschwingungen werden über wellengetriebene Zahnräder erzeugt, die die Schwingungen in Tonabnehmer erzeugen. Jeweils ein Rad existiert für jede harmonische Schwingung. Das Motion Sound System erklingt durch die rotierenden Lautsprecher als Dopplereffekt und erzeugt das charakteristische Jammern. Der Federhall verleiht den Hammond-Orgeln mehr Räumlichkeit.

Wenn zwei Töne mit leicht unterschiedlichen Frequenzen eine Schwebung erzeugen, entsteht der Choruseffekt. Bei Hammond-Orgeln wurde dieser Effekt um 1940 erreicht, indem man einen zweiten, leicht verstimmten Tongenerator einbaute. Er nannte sich Chorus-Generator. Die Frequenzen dieses zusätzlichen Generators wurden mit denen des Hauptgenerators überlagert. Später wurde er durch das leichtere Scanner-Vibrato ersetzt, das aus einer analogen Verzögerungsleitung besteht. Phaser, Ringmodulator und Flanger sind weitere Effekte.

Die Percussion

Durch das Erklingen und schnelle Abklingen einer Fußlage ist auf dem oberen Manual ein Percussionseffekt möglich. Das Register ist auf einem der zwei Zuriegelsätze. In den Lautstärken Normal und Soft erklingt der Effekt, wenn alle Tasten losgelassen werden. Im Hardrock wurden die Orgeln mit einem Gitarrenverstärker verstärkt, vorzugsweise von der Marke Marshall. Jon Lord prägte diese Spielweise.

Elektromagnetische Tonerzeugung

"Die Hammond Orgel ist eines der ersten Instrumente mit elektromagnetischer Tonerzeugung. Der Amerikaner Laurens Hammond war eigentlich Elektroingenieur und hat maßgeblich an der Entwicklung des Synchronmotors mitgearbeitet. Dieser Motor hat sehr gute Gleichlaufeigenschaften, die Hammond zunächst in einer Uhr nutze.", sagt Thomas Noack, ein erfahrener Hammond Spieler.

Elektro vs. Digital

"Ein ihm bekannter Kantor überredete ihn, diesen Motor für den Betrieb eines Tongenerators in einer Orgel zu benutzen. Dieser führte im Jahr 1935 zu dem Modell A, der im Prinzip noch den gleichen Aufbau hat, wie spätere Modelle. Hammond-Orgeln gibt es bis heute und werden mittlerweile wie viele andere elektronische Musikinstrumente in Digitaltechnik aufgebaut. Für die echten Fans - sowohl Spieler als auch Zuhörer - zählt aber nur die Orgel mit elektromagnetischer Tonerzeugung."

Die Modelle

"Die Wichtigsten sind im Wesentlichen die Orgeln A, A1, A100, B2, B3, C2, C3, M2, M3, RT3, M100, L100. Auch wenn es Laurens Hammond seinerzeit nicht zusagte, wurde die Erfindung von Donald Leslie, ein rotierender Lautsprecher, zum Standard in Kombination seiner Orgeln. Hammond selber hat auch mehrere Lautsprecher für seine Orgeln gebaut. Die wichtigsten sind das PR20 und PR40, allerdings mit unbeweglichen Lautsprechern."

Der Hammond-Sound

"Man sagt, dass der Sound der Hammond-Orgel nicht mit elektronischen Mitteln nachgemacht werden kann. Deshalb sind diese Kultorgeln zum Teil bis zu 80 Jahre alten Orgeln auf vielen großen Bühnen und in unzähligen Tonstudios zu finden und werden bis heute in Produktionen eingesetzt."

Die Pflege

"Die Hammond Orgel hat einen Tongenerator, mit einem Startmotor, einem Laufmotor, einem Scannermotor. Alle Teile bewegen sich und müssen regelmäßig mit einem Maschinenöl geölt werden. Hammond hat ein gut ausgeklügeltes Verteilungssystem eingebaut, sodass das Öl alle Lager erreichen kann. Das Öl wird in einige Pfännchen eingefüllt und zum Teil über Röhren und Wollfäden an die Wellen geführt. Je nach Nutzungshäufigkeit sollten die Röhren getauscht werden. Die Wolframfäden in den Röhren verzundern im Lauf der Jahre und ändern den Klang der Orgel. In sehr alten Orgeln müssen nach mehreren Jahrzehnten die Kondensatoren getauscht werden."

Hoher Aufwand und gute Kenntnisse

"Der Aufwand ist auf jeden Fall höher als bei elektronischen Instrumenten und erfordert eine gute Kenntnis der Orgel. Es gibt aber weltweit sehr viele Fachleute, die man über soziale Medien gut erreichen kann. Sie stehen für Fragen immer gerne zur Verfügung und helfen bei der Ersatzteilbeschaffung. Bei Facebook finden Sie 'Hammond Organ & Leslie Speaker Technicians Network'."

Genrevielfalt

"Eigentlich kann man die Hammond Orgel in jeder Musik einsetzen. Man kann sie nach wie vor in den Charts in unzähligen Produktionen hören. In den USA wird sie vielerorts immer noch als Sakralinstrument statt einer Pfeifenorgel gespielt."

Wenig Noten, viele Videos

"Es gibt wenig spezielle Noten für Hammond Orgel. Meistens muss sich der Hammondspieler Noten im Netz suchen. Es gibt viele Spielanleitungen als Video. Inzwischen gibt es mehrere Lehrstühle für Hammond Orgel an Musikhochschulen."

Tasteninstrument-Vorkenntnisse sind vorteilhaft

"Der Umgang mit einem Tasteninstrument, Klavier oder Keyboard ist schon eine gute Voraussetzung. Es gibt aber auch genug Beispiele von hervorragenden Autodidakten, die beweisen, dass es auch ohne Unterricht, durch reines Abschauen, Nachspielen und Wollen geht."

Hoher Kostenfaktor

"Es gibt zwei Typen von Orgeln, die Vollorgeln, z.B. A100, B3, C3, RT3 etc. Die kann man im Netz von etwa 3000 Euro bis etwa 12.000 Euro bekommen, je nach Modell und Zustand. Und es gibt die Spinettorgeln, z.B. M100, L100, M3 etc. Diese Orgeln sind etwas kleiner, haben nur eine Oktave Stummelpedal und zwei verkürzte und versetzte Manuale (3 1/2 Oktaven von f bis c). Diese kann man schon für unter 1000 Euro bekommen."

Import mit Vorsicht genießen

"Man findet viele Hammondorgeln im Netz. Man sollte aber einen Fachmann zu Rate ziehen, der die Fehler und Macken sofort erkennen kann. Man kann Hammond Orgeln aus den USA importieren. Dort gibt es die Orgeln zu deutlich günstigeren Preisen. Aber Vorsicht, der in der Hammond verbaute Runmotor dreht sich Synchron zur Netzfrequenz, die in den USA 60Hz ist, in Europa aber 50Hz. Das bedeutet, dass die für Europa gebauten Orgeln eine Drehzahl von 1500 Umdrehungen pro Minuten laufen, die in den USA 1220 Umdrehungen. Mithilfe Elektronischer Frequenzwandlern kann man den USA Orgeln eine Netzfrequenz eine andere Netzfrequenz zuordnen. Der Umbau kann aber nur von erfahren Fachleuten vorgenommen werden. Aber der Umbau lohnt sich, denn die Orgeln mit langsamerer Drehgeschwindigkeit klingen etwas besser.“

Museen für Liebhaber

"Es gibt ein sehr gutes Museum in Klagenfurt in Österreich. Das Eboard-Museum (www.eboardmuseum.com). Dort gibt es in Europa die größte Sammlung von Elektronischen und Elektromagnetischen Instrumenten. In den USA gibt es Sammler, die ganze Hallen voll mit Hammond Orgeln haben.“

Die Fanbase

"Im Netz und in den Sozialen Medien, z.B. bei Facebook gibt es viele Foren und Gruppen, wo man sich als Hammond Fan anschließen kann. Dort bekommt man technischen Rat und wird über Treffen informiert.“

Helmut Sprick ist Multiinstrumentalist und ebenfalls stolzer Besitzer einer B3- Hammond-Orgel. Er ergänzt seinen langjährigen Kollegen Thomas Noack und berichtet, was ihn an dem Instrument fasziniert.

Faszinierendes Wohnzimmermöbel

"Meine Hammondorgel ist ein zweites Möbelstück. Meistens sind die Orgeln nussbaumgebeizt, es gibt aber auch modernere, keyboardähnliche und einmanualige Modelle.
Mich fasziniert die mechanisch bedingte Tonerzeugung, die den gedrückten Ton im Gegensatz zur rein elektronischen Orgel in Verbindung mit der internen Röhrenverstärkung lebendig hören lässt.“

Effektevielfalt

"Besonders in der Rockmusik sind verzerrte, übersteuerte Töne beliebte Effekte. Ein eingebautes und wählbares Vibrato wird gerne bei Gospelbegleitungen eingesetzt und die legendäre Percussion bei Jazz und Rock. Das Schieberegister funktioniert wie bei der Kirchenorgel und lässt unzählige Möglichkeiten zu. Es gibt mehrere Festregister. Im Vergleich zur Hammermechanik ist die Waterfall-Tastatur hakenfrei und lässt besondere Spielweisen zu, beispielsweise das Gleiten der Finger oder der ganzen Hand über die Tasten.“

Das Leslie

"Der Hammond Sound im Raum ist abhängig von dem jeweils benutzten Tonkabinett, das direkt an die Vorverstärkung der Orgel angeschlossen wird. Es gibt neben einem aktiven, starren Tonkabinett auch eine aktive Verstärkung: ein mit Rotorlautsprechern verbundenes Kabinett. Es wurde im Jahr 1940 von Donald Leslie erfunden und ist zweistufig schaltbar und erzeugt einen entweder schwebenden oder vibratoähnlichen pulsierenden Raumklang. In einigen Modellen sind Endstufe und Lautsprecher direkt eingebaut.“

Hammond Orgel Innenansicht

Bildquellen: Board of Music / Carolin Sprick

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